| Schon als Kind war Maarten  Hoogstraten anders als die anderen: Während seine Freunde stets die neuesten  Spielzeuge haben mussten, investierte er bereits als Zehnjähriger sein komplettes  Taschengeld in Schallplatten und CDs. „Das nennt man dann wohl eine Einstiegsdroge“,  sagt er rückblickend und lacht in sich hinein. „Ich war halt der Typ, der als  Kind immer die neuesten Platten hatte: Erst war es nur Vinyl, 7”-Singles und  12”-Maxis, und als dann die CDs auf den Markt kamen, gab ich eben dafür mein  gesamtes Geld aus.“    Kein Wunder, dass der  Produzent, der mit seinem Bingo Players-Projekt inzwischen etliche EDM-Hits vom  Stapel gelassen hat, auch schon früh mit elektronischer Musik in Kontakt kommen  sollte: Von The Prodigys „Out of Space“ konnte er nicht genug kriegen, und so  träumte er davon, irgendwann einmal selbst die Art von Dance-Sound zu machen,  die er da im holländischen Radio hörte. Dabei darf man natürlich nicht  vergessen, dass man damals noch jede Menge Equipment brauchte, um derartige Musik  zu machen – Synthesizer, Drum-Machines & Co. –, und dafür reichte sein  Taschengeld dann doch nicht...  Wenig später ereigneten  sich zwei Dinge, die das weitere Leben des musikbesessenen Teenagers schlagartig  verändern sollten: Einerseits kam ein Programm namens ProTracker auf den Markt,  ein noch recht simpler Software-Vorreiter, und andererseits lernte er Paul Bäumer  kennen, mit dem er die nächsten 15 Jahre gemeinsam Musik machen sollte – bis zum  viel zu frühen Tod Bäumers, der 2013 an Krebs verstarb.    Maarten und Paul lernten  sich über dessen jüngeren Bruder in Enschede kennen: Er hatte eigentlich nur  den Bruder besuchen wollen, erfuhr dann aber, dass der ältere Paul ebenfalls  Musik machte – und dafür genau wie er auf die ProTracker-Software setzte.  „Dieses Programm hatte ja nur vier Kanäle, viele Möglichkeiten hatte man da  nicht, aber es war eben ein Anfang und es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht,  damit erste Songs zu basteln.“    „Als uns dann aufging,  dass wir eigentlich ja ganz ähnliche Sachen machten und auch noch dasselbe  Programm dafür benutzten, hockten wir ab sofort nur noch aufeinander und wurden  binnen kürzester Zeit die dicksten Freunde“, berichtet Maarten. Es folgten die  ersten gemeinsamen Aufnahmen, und ein paar Jahre später, im Jahr 2006, gaben  sie ihrem Electro-Projekt einen eigenen Namen: Bingo Players.    Da inzwischen das  digitale Zeitalter angebrochen war, sorgten die Tracks der Bingo Players schon  bald weit über die Grenzen von Holland hinaus für Furore – unter anderem in  Amerika, wo wenig später endgültig das EDM-Fieber ausbrechen sollte. Im Kern  ging es den beiden von Anfang an um eine Hook oder eine eingängige Melodie, die  sie dann mit fetten Synthesizer-Sounds, fast schon an Gitarren erinnernden  Riffs (à la Chemical Brothers) und treibenden Beats unterfütterten. „Devotion“  von 2009 ist ein typisches Beispiel dafür: Die Gesangs-Hook könnte eingängiger  kaum sein, dazu ein markantes Saxophon und ein ansteckender Beat mit reichlich  Bass und noch mehr Breaks.    „Ja, in der Regel haben wir  mit einer Melodie angefangen – und daraus entwickelt sich dann der Rest des  Songs“, berichtet Maarten über den gemeinsamen Prozess des einstigen Duos. „Wenn  die Melodie gut ist, dann kann man sich da richtig reinfallen lassen, auch wenn  man vielleicht gerade erst am Grundgerüst herumschraubt. Man muss also  mitsingen oder mitpfeifen können, einen richtigen Ohrwurm davon haben, weißt  du? Das ist das Wichtigste: Dass der Track sofort im Ohr hängenbleibt.“    Ihr erster großer Hit  „Cry (Just a Little)“ basierte auf dem 1988 veröffentlichten Song „Piano In The  Dark“ von Brenda Russell, dessen Hook die Bingo Players für ihren Song kurzerhand  entliehen und neu aufgenommen hatten – was ihnen Fans aus ganz  unterschiedlichen Lagern bescherte. „Ich hatte VH1 geschaut, und da kam so eine  Sendung über die Achtziger, ‘Back to the 80s’. Als dann der Track von Brenda  Russell lief, dachte ich mir: Wow, dieser Part ist der Hammer, vielleicht  können wir ihn umbauen und ihn in unserem eigenen Style neu aufnehmen?!“    Und obwohl sie sich  eigentlich nie als DJs betätigt hatten, sorgte die Nachfrage schon bald dafür,  dass die Bingo Players auch ihre Skills als CDJs immer häufiger vor Publikum  zum Besten geben konnten: Sie waren plötzlich nicht mehr nur Producer mit einem  goldenen Händchen für krasse Hooks, sondern auch gefragte DJs, die bei den  größten Festivals wie Electric Daily Carnival, Tomorrowland und dem Coachella  Festival spielten.    „Ehrlich gesagt glaube  ich sogar, dass wir auch als Produzenten sehr viel besser geworden sind, als  wir erst mal mit dem DJ-Ding angefangen hatten“, meint Maarten. Zum Teil lag  das wohl auch daran, dass sie ihre neuesten Produktionen nun einfach mal  zwischendurch ins Set einbauen und die Reaktionen der Leute testen konnten...  Während die beiden also  von Festival zu Festival und von Club zu Club zogen, fanden sie zwischendurch  auch noch die nötige Zeit, um ihr eigenes Label Hysteria zu gründen (der Name  ist eine Verneigung vor Def Leppard, die auch zu ihren größten Helden zählen)  und darüber nicht nur eigene Singles, sondern auch Tracks von Leuten wie Carl  Tricks („Mad Dash“), MAKJ („Springen“) und Henry Fong („Jump“) zu  veröffentlichen.    Im Jahr 2013 landeten  sie dann ihren bislang größten Coup: Die Bingo Players nahmen ihren 2011  geschriebenen Track „Rattle“ noch einmal unter dem Namen „Get Up (Rattle)“ auf und  holten sich dafür die L.A.-Sensation Far East Movement an die Seite. Das mit  Rap-Parts gespickte Update wurde postwendend zum Megahit: Nachdem schon die  Originalversion viele Leute hellhörig gemacht hatte, ging „Get Up (Rattle)“ rund  um den Globus in die Spitzenregionen der Charts – Top-10 in Deutschland,  Österreich, Frankreich und Australien (wo es hinterher zudem doppeltes Platin  gab), dazu Gold in Kanada, Platz #1 in UK und über 200.000 verkaufte Singles  allein in den Staaten, was ihnen obendrein auch noch Platz #1 in den  US-Dance-Charts bescherte. Die Single und das lustige Video dazu (inkl. Enten, die  ein paar Halbstarken ordentlich zusetzen), das inzwischen über 40 Millionen  Views verzeichnet, katapultierte die beiden im letzten Jahr schließlich sogar nach  ganz weit oben in den DJ Mag Top-100.    Allerdings kam 2013  nicht nur der Erfolg, sondern auch der große Schock, als Paul plötzlich krank  wurde und die Diagnose sehr schnell auf Krebs fiel: Ein Schock für ihn selbst,  für seinen Freund Maarten und die Dance-Welt – doch Paul blieb optimistisch und  gab die Hoffnung nicht auf. Im Oktober letzten Jahres verschlechterte sich jedoch  sein Zustand schlagartig, woraufhin er im Dezember schließlich verstarb: Ein trauriger  Tag für die EDM-Community, deren Protagonisten, unter anderem Hardwell, Steve  Aoki, Kaskade, Skrillex oder auch Armin van Buuren, sich allesamt vor Paul verneigten  und ihm in den Medien oder auch im Rahmen der eigenen Konzerte den letzten  Tribut zollten... |