| Vier Männer sitzen stocksteif vor seifengrüner  Kulisse, dabei schauen sie brav aus
ihren Anzügen. Nach ein paar salbungsvollen Worten auf Ukrainisch spielen sie los,
nein, Moment, sie rumpeln eher los. Doch diese Polka, das ist doch… richtig: KatyPerrys Superhit „Hot N  Cold“.
Die vier Herren nennen sich Los Colorados und sitzen im Studio eines Lokalsenders im
 beschaulichen Ternopil, Ukraine. Dass dieses Video Millionen von Klicks auf Youtube
provozieren wird, von Ellen DeGeneres imamerikanischen Fernsehen beklatscht und
von Katy Perry herself „inspiring“ genannt  werden wird, ahnen die Protagonisten zum
 Aufnahmezeitpunkt nicht.
 Tausende von Kilometern entfernt im mindestens  genauso beschaulichen Mainz
                              werden die Redakteure des ZDF auf ebenjenes  Video gestoßen. Die Filmemacher
                              Detlev Buck und Norbert Heitker berichten vom  Geheimtipp aus der Ukraine – das ZDF
 ist Feuer und Flamme. Es ist die Geburt einer  Idee. Der Idee zu einem Sommerhit,
                              passend zum Fußball-Großereignis EM 2012. Vielleicht  sind diese geheimnisvollen
                              jungen Herren aus einem der Gastgeberländer die  richtigen Interpreten? Die Mission
 Fußballhit beginnt und Detlev Buck  höchstpersönlich begibt sich auf Spurensuche in
                              die Ukraine. Er stöbert die vier auf und merkt,  dass sie mehr sind als ein Internet-Gag,
                              nämlich eine richtige Band und echte  Charakterköpfe. Gemeinsam reist man filmend
                              und spielend durch die beiden Gastgeberländer  und das Happy End dieses schrägen
                              Roadmovies ist untermalt  mit Polka-Beats zum 90er Dance-Hit „I like to move it“.
                              Unglaubwürdig? Genau so ist er aber nun einmal  entstanden, der ZDF-FußballSommerhit.
                              Ach ja, die Band gibt es natürlich auch in echt.  Die heißen Los Colorados
                              und merken langsam, was sie damals mit ihrem  unschuldigen „Hot N Cold“-Video
                              ausgelöst haben.
 Schnitt. Mittlerweile ist einiges passiert: Die  vier Herren sitzen heute eher locker als
                              stocksteif in Berlin und beenden die letzten  Takes für ihr erstes Album. „Das Video war
                              reiner Blödsinn. Dass wir jetzt deswegen hier  sind, ist einfach fantastisch“, bestätigt
 Rostyslav Fuk, Gitarrist  der Los Colorados. Seit fünf Jahren machen  die vier Musik,
                              bisher unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit,  denn die heimische Fanbase befindet
                              sich in der Ukraine, vor allem rund um ihren  Heimatort Ternopil. Das wird sich mit
                              ihrem Album „MOVE IT!“ schlagartig ändern.
                              Musikalisch stehen sie irgendwo zwischen Polka  und Punk, Reggae und Rock, Folklore
                              und Funk. Es wird geschnalzt, gerappt und  getrötet. „Unsere Musik ist einfach ein
                              wilder Mix aus allem, was uns gefällt“, erklärt  Oleksandr Drachuk, Drummer der Band,
                              euphorisch.
 Wie wild zeigt das erste Studio-Album. Neun  Coverversionen werden hier verloscoloradost,
                              dazu kommen drei hausgemachte Songs, gesungen  wird größtenteils auf
                              Englisch – mit unwiderstehlich charmantem  Akzent. Immer dabei – das Tempo der
 Polka, gemischt mit allerlei Lautmalereien. So  meckert Sänger Ruslan ziegenartig am
                              Anfang von Rammsteins „Du hast“, bevor die Band  den einzigen deutschen Song des
                              Albums zum Besten gibt. Berührungsängste bei  ihren Adaptionen haben Los Colorados
                              nicht, sie stellen sich mit „Let It Be“ sogar  der Herausforderung „Beatles-Cover“.
 Frechheit siegt eben.
                              In ihren eigenen Songs wenden sie sich gerne der  ukrainischen Damenwelt zu. Etwa
                              der süßen Mila. Eine echte Traumfrau, denn „my  sweet Mila has got for me Tequila“,
                              wissen die Los Colorados zu berichten. Zu  „Dooo-Waaaahh“ und fröhlichen Pfiffen wird
                              von den weiteren Vorzügen der Dame berichtet –  nämlich ordentlich „family money“.
                              Der Track „Indie Boy“ kann programmatisch  gesehen werden: „I’m an Indie Boy just
                              playing for joy“. Spaß muss es machen,  rhythmisch muss es ein, dann ist es auch Los
                              Colorados. „Unsere Themen? Liebe und  Landwirtschaft“, so Rostyslav. Immerhin
                              stammen sie aus dem ländlichen Ternopil, wo fast  jede Familie ein Stück Acker hat.
                              Stichwort Landwirtschaft, das führt uns auch  schon zum eigentümlichen Bandnamen.
                              „Kolorado“ wird nämlich in der Ukraine kurz der  gemeine Kartoffelkäfer genannt.
    Das
                              Ganze wurde dann kurzerhand verenglischt,  verspanischt – whatever: Es klingt gut und
                              die Band ist sich sicher, dass sie auf das  richtige Insekt im Namen gesetzt haben: „Wir
                              werden einfach überall sein – genau wie die  Kartoffelkäfer!“ Und das Versprechen löst
                              die vierköpfige Band spätestens im Sommer ein,  wenn es auf Tour geht. |